Freitag, 3. Juni 2011

10. bis 13. Mai, Murgab; 283 – 286

12. und 13. Mai, Murgab (tadschikisch: Мурғоб; russisch: Мургаб, in arabischer Schrift: ‏مرغاب‎)

Nachdem wir gestern Abend noch ein Abendessen umsonst bekommen haben und sogar eine zweite Portion Kuhfladen auf das Feuer, ist der Friede heute wieder vorbei, da wir das Frühstück verschmähen. Wir hatten es ja nun auch deutlichst abgemeldet. Da es auf dem Tisch steht, essen wir im Zimmer. Die beiden Tage vergehen mit Diskussionen um Strom, Heizung und schlussendlich eine warme Dusche und wir sind sehr froh, dass das Café in Murgab so gut ist und der Basar viel hergibt. So genießen wir Köstlichkeiten wie Tomatensalat und Äpfel und nähen mal wieder das Zelt.



11. Mai Murgab (tadschikisch: Мурғоб; russisch: Мургаб, in arabischer Schrift: ‏مرغاب‎)
 
Das Frühstück ist wieder ein Drama. Das Ei ist da, es gibt wieder das Brot, das wir schon kennen, es ist eindeutig verschimmelt (der Basar mit frischem Brot ist keine fünf Minuten entfernt) und Kaffee gäbe es eh nicht (es gab ihn aber gestern). Nachdem Gunda das Brot wieder in die Küche bringt und mit der persischen „so nicht“ Geste der Dame des Hauses in die Hand drückt (die Geste ist schon sehr eindeutig und unhöflich) und wir dann auch das Brot von gestern (jetzt ist es ja hell genug um den Schimmel zu sehen), zurückgeben, geht Gunda los, um Brot zu kaufen. Die Basar-Brot-Damen sind noch nicht da (es ist auch erst 8.30). Also kein Brot. Inzwischen hat sich der Vater eingeschaltet. Wir machen klar, dass wir nur noch die Übernachtung zahlen, aber kein Essen mehr wollen und auch nicht das dort stehende halbe Frühstück. Nun zahlen wir immer noch zu viel: zehn Dollar. Es gibt hier andere Gästehäuser, meint die Tochter. Wir sollten doch einfach woanders hingegen. Wollen wir aber nicht.
Nun können wir also für sechs Dollar pro Person Essen kaufen, das ist gar nicht leicht, denn ein Mittagessen kostet für zwei Personen etwas über zwei Dollar…….



Dem Hausherren ist das doch alles irgendwie peinlich und wir bekommen heißes Wasser für unseren Kaffee und unseren Tee.
Wir laufen los zum Murgab-Haus (tadschikisch: Мурғоб; russisch: Мургаб, in arabischer Schrift: ‏مرغاب‎), einem Haus einer französischen NGO mit der Unterstützung der UNESCO und anderen europäischen Hilfswerken. Dort soll es Internet geben. Es ist außerhalb der Stadt und ein wirklich schöner Bau. Innen drin aber eine ähnlich frostige Atmosphäre. Nachdem wir eine Weile in dem Haus rumlungern fragen wir eine der vielen Damen, wie das denn mit dem Internet sei. Wir können es benutzen, es ist viermal so teuer wie in Chorugh (tadschikisch Хоруғ/Chorugh bzw. ‏خارغ‎) und viel langsamer. Aber gut. In Murghab sind fast nur Kirgisen (kirgisisch Kыргыз/Kyrgyz, Kыргыздар/Kyrgyzdar) zu sehen, wenn es Tadschiken (persisch ‏تاجيک‎ Tādschīk; tdk. Тоҷик) gibt (und die soll es geben), geben sie sich nicht zu erkennen, die Kirgisen dagegen sehr deutlich.



Insgesamt macht der Ort einen sehr angespannten Eindruck auf uns.



Unsere Suche nach dem Aga-Khan-Gästehaus ist erfolglos geblieben, es wirkt als gäbe es das nicht mehr.
Wir essen im Café und kaufen danach ein wenig ein und machen wieder einen langen Mittagsschlaf. Die Mischung aus Höhe und dem beißenden Qualm der Teresken in Kombination mit dem vielen Sand in der Luft und den Abgasen der vielen Autos macht uns ziemlich zu schaffen.
Wir machen erneut klar, dass wir weder Abendessen noch Frühstück wollen und sind gespannt, ob wir denn den Ofen geheizt bekommen. Wahrscheinlich nicht und auf weitere Aufstände haben wir eigentlich keine Lust.
Wenn wir nicht schon so lange in diesem Kulturkreis reisen würden, würde uns das alles nicht so verwundern und ärgern. Aber nach so vielen Monaten wissen wir einfach, was üblich ist, und was nicht. Das Haus hier ist wirklich unüblich.
Murghab ist geprägt von einem Geräusch: den Wasserpumpen der vielen neuen Brunnen, die in der Stadt sind. Sie sind sehr häufig frequentiert und zu 90% schleppen die Frauen die zwei Eimer mit 25 l Wasser nach Hause.



Oft sind es einige100 m, die zurückgelegt werden müssen. Wir filtern das Wasser trotzdem, denn so ganz trauen wir der Trennung von Latrine und Quelle nicht. Wenn es Strom gibt, ist der Muezzin (arabisch ‏مؤذّن‎ mu'adhdhin, DMG muʾaḏḏin) zu hören. Sonst sind es die vielen Autos und LKWs, die sich durch die engen Straßen quälen.

10. Mai Murgab (tadschikisch: Мурғоб; russisch: Мургаб, in arabischer Schrift: ‏مرغاب‎)

Weil es bald nur noch bergab geht, wieder etwas Statistik:

Unsere höchsten Übernachtungsorte (Ort, Höhe über NN, Tag):
Bulunkul
4024
279
Alichur
3863
280
Murghab
3666
281
Murghab
3631
282
Jelondi
3525
278
Kulghan-tugai
3357
277
Vuzh
2710
276
Khorog
2128
272
Baqerabad
2052
152
Dekh
2049
271
Unsere tiefsten Übernachtungsorte (Ort, Höhe über NN, Tag):
Orfani
0
54
Tekirdag
2
64
Selimpasa
2
65
Messimvria
3
57
Alexandroupoli
3
58
Kamriotissa
10
59
Ipsala
10
62
Gravouna
20
55
Istanbul
29
66
Incirlik
32
96
Unsere weitesten Tagesetappen (Zielort, km, Tag):
Rohenburg o. d. Tauber
112,43
5
Damghan
109,03
192
Sarajevo
105,73
35
Kurutlutepe
101,47
90
Podgorica
101,33
40
Garmsur
100,14
189
Termiz
99,9
234
Aksaray
97,21
91
Shurak Maleki
97,06
200
Qamashi
96,9
231
Unsere kürzesten Tagesetappen (Zielort, km, Tag):
Kamriotissa
3,9
59
Teheran
4,74
171
Panjwin
4,94
121
Teheran
7,6
161
Dolani
11,84
51
Murghab
15,5
282
Jelondi
16,9
278
Kapikaya
26,3
77
Zigar
26,5
264
Malayer
26,65
135
Unsere schnellsten Tagesetappen (Zielort, km/h, Tag):
Shurak Maleki
18 200
Mahabad
17,2 153
Kurutlutepe
16,98 90
Murau
16,76 18
Beyramil
16,43 95
St. Stefan
16,05 20
Strumesnica
15,87 52
Srem. Kamenica
15,86 32
Pozanti
15,71 93
Birecik
15,7 100
Unsere langsamsten Tagesetappen (Zielort, km/h, Tag):
Zigar
5,9
264
Panjwin
6,62
121
Eged
6,9
265
Shuroabad
7,4
262
Baravin-Tar
7,6
270
Rrape
7,68
42
Bulunkul
7,8
279
Mozduran
8,3
201
Dashtizhum
8,5
263
Dekh
8,5
271
Unsere längsten Fahrzeiten (Zielort, Stunden, Tag):
Sarajevo
09:44
35
Uch-Adzhl
07:55
208
Khorog
07:46
272
Hauz-Han
07:46
206
Bajevo Polje
07:41
39
Damghan
07:35
192
Sanli Urfa
07:29
101
Bukhara
07:27
211
Blace
07:27
46
Qamashi
07:01
231
Unsere kürzesten Fahrzeiten (Zielort, Stunden, Tag):
Teheran
00:21
171
Kamriotissa
00:25
59
Teheran
00:42
161
Panjwin
00:44
121
Dolani
01:07
51
Murghab
01:25
282
Jelondi
01:54
278
Beyramil
02:06
95
Kapikaya
02:26
77
Alexandroupoli
02:28
58
Unsere größten Tagesanstiege (Zielort, m, Tag):
Sarajevo
1664
35
Bajevo Polje
1404
39
Blace
1337
46
Shuroabad
1325
262
Rrape
1228
42
Shemri
1212
43
Subasi
1125
78
Sanli Urfa
1047
101
Sanandaj
983
126
Milhangazi
953
76
Unsere geringsten Tagesanstiege (Zielort, m, Tag):
Teheran 0 161
Doroslovo 0 31
Repetek 0 209
Oqtosh 0 222
Bukhara 0 211
Hauz-Han 0 206
Mollanepes 0 207
Ata 2 205
Rabat i-Malik 5 221
Alexandroupoli 7 58
Unsere höchsten Etappen (Zielort, m NN, Tag):
Bulunkul
4272
279
Alichur
4164
280
Murghab
4136
281
Murghab
3716
282
Jelondi
3529
278
Kulghan-tugai
3359
277
Vuzh
2712
276
Hamadan
2215
133
Mahabad
2188
153
Sanandaj
2160
126
Unsere tiefsten Etappen (Zielort, m NN, Tag):
Alexandroupoli
3
58
Kamriotissa
10
59
Istanbul
29
67
Ipsala
57
62
Selimpasa
106
65
Komotini
115
56
Osmanye
127
97
Incirlik
137
96
Doroslovo
151
31
Zagreb
153
25

Gesamttage: 283
Fahrtage: 168
Km/Tag: 39,50
Km/Fahrtag: 66,53
Gesamtanstieg66.407 m
Anstieg/Tag: 234,65 m
Anstieg/Fahrtag: 395,28 m
Von 283 Tagen haben wir 19 auf dem Campingplatz, 82 „wild“, 1 Polizei,2 inder Moschee, 10 1. Hilfe oder Feuerwehr,3 inTankstelle/Restaurant, also maximal 117 im Zelt, 21 privat und146 inHotels, Jugendherbergen oder Pensionen übernachtet.

Das Abendessen ist eher dürftig und die Atmosphäre hier im Haus eher frostig. Beim Abendbrot treffen wir auf drei EngländerInnen, zu denen der Cadbury-Riegel-Spender auch gehört, die hier in der Gegend versuchen, auf erneuerbare Energien umzustellen und dies mit Windkraft zu versuchen.
Es entspannt sich ein spannendes Gespräch über die Wahrnehmung dieser Region und dann um die Frage, was für Radfahrende, die hier durch Murgab kommen, eine Hilfe sein könnte.
Nach dem Essen, mit einem Hin und Her des Generators, gehen wir ins Bett und trinken noch ein lecker Bier als die Familie in „unser“ Zimmer kommt, um ihre Betten herauszuholen. Das machen sie ohne jeden Kommentar, im Gegenteil, mit wenig freundlichen Blicken für uns, als wären wir Eindringlinge und nicht zahlende Gäste. Ein seltsames Haus. Ein wenig ist es wie mit einer versteckten Kamera, denn sie müssen direkt an unserem Bett vorbei zu den Decken. Nachdem am Morgen, wir schlafen noch, dann nicht mehr, dasselbe wieder geschieht, wechseln wir das Zimmer. Nun sind wir im Gästetrakt neben dem Essensraum und haben so einen Raum für uns.
Wir suchen mit den beiden Engländerinnen, die tadjikisch und russisch sprechen, den Fahrradverleih und finden ihn nach vielem Suchen.




Es sind vier Räder, die gut sind, aber überhaupt nicht gewartet.



Unser ersehntes Ersatzteil finden wir nicht, aber vielleicht der Vater, wenn er zurückkommt. Im Hof ist ein kleiner Yak angebunden neben einem riesigen Haufen von Teresken.



Wir dürfen noch die Bücher durchschauen und finden eines zum Mitnehmen. Die meisten sind französisch.



Durch den Basar geht es zurück und wir finden Nudeln, Milchpulver und Knoblauch. Außerdem eigepackten Kuchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir bis zur kirgisischen Grenze keinen Laden finden, ist recht groß. Ob es in Karakul einen gibt, darüber gibt es keine gesicherte Auskunft, die anderen Möglichkeiten gibt es nur im Sommer.
Den Nachmittag verschlafen wir ungestört im Zimmer und erleben dann am Abend den nächsten Spektakel hier im Haus. Wir müssen uns immer wieder klar machen, dass wir zahlende Gäste sind! Zunächst braucht es vier Anläufe, der vierte ist dann schon in einem sehr unhöflichen Ton, bis der Ofen im Essensraum angeschmissen wird. Es ist nicht so, als sei die Heizperiode an sich vorbei und wir zwei blöde Europäer, die irgendeinen Luxus wollen. Die Familienräume sind den ganzen Tag geheizt.
Dann gibt es das Essen, eine schlechte Suppe. Das Brot kennen wir nun schon seit dem ersten Tag und haben eigenes dabei. Auf die Frage, ob es denn irgendwie Licht gäbe, bekommen wir Brot, das so nach Schimmel schmeckt, dass wir es nicht essen. Dann gibt es eine Kerze. Das Erfreuliche des Abends: der Badeofen ist tatsächlich warm (vor allem auch weil die Familie ihn selbst nutzt) und es gibt eine Fußpumpen-Duschkonstruktion.